"Am Wendepunkt"

Malerei von Anja Witt und Skulpturen von Berthold Grzywatz

Malerei ist für Anja Witt stets eine Suche unter der Oberfläche des vordergründig Wirklichen, ein Forschen in Raum und Zeit, das Platz bietet für freie Interpretationen und Assoziationen. Witts Farb- und Formfindungen spüren Schichtungen auf, transportieren neue Sichten vom Kreislauf der Dinge. Sie lösen sich vom Gegenständlichen und finden in der bewegten, energiegeladenen Abstraktion Bildräume, die das, was wir als reale Welt sehen, neu entdecken. Mit der Lust auf freie Farben und Formen entsteht eine autonome malerische Gestaltung, die in der Farbe nicht mehr allein ein optisches Medium sieht, sondern ein Medium des Ausdrucks, das seinen eigenen Regeln folgt. Insofern kann von reiner Malerei gesprochen werden. Gleichwohl ist das Sehen in Farben eine Spurensuche, eine Entdeckungsreise für grundlegende Fragen.

Im Hinblick auf die Ziele ihrer Malerei erklärt Anja Witt einmal, es komme darauf an, „autarke Bildräume“ zu entwerfen – schlechthin ein Verweis auf Farbe und Form, unabhängig vom gewählten Sujet. Camille Pissarro, den man gemeinhin als Vater der Impressionisten charakterisiert, bemerkte in seiner Maltheorie, am Motiv solle man mehr Formen und Farben beobachten als die Zeichnung. Im Vordergrund steht also die Malerei, und mit ihr die Farbe, ihre koloristische Qualität, ihre Abstufungen, ihre Eigengesetzlichkeit: die Farbe als Diktion des Elementaren, wie Theo van Duesburg, der Pionier der abstrakten Kunst, erkannte.

Der Umgang mit der Farbe wird bei Anja Witt von einem expressiv angelegten Prozess des Malens begleitet. Der Pinselduktus ist wild, kräftig, das Farbmaterial fett aufgenommen; Lappen, Hände, Spachtel werden für den Farbauftrag sowie die Strukturierung der Farbflächen genutzt. Spontane Übermalungen ergänzen die Bildtektonik, die den Betrachter ins Bild fallen lassen will.

Die Themen von Anja Witt konzentrieren sich auf zwei unmittelbar miteinander verknüpfte Bereiche: das Meer und die von dieser fundamentalen Kraft getragenen Objekte, seien sie im treibenden oder angespülten Zustand, seien sie natürlichen oder menschlichen Ursprungs. Meer und Treibgut sind Objekte für unverwechselbare Perspektiven über Bewegung und Nachdruck, über Gestalt und Ideen, über Nichtlineares und Lineares, das nicht länger Parameter unserer Existenz sein kann – insofern erzwingt die allgemeine Situation einen Wendepunkt.   

Das kaum übersehbare Feld des Existentiellen bewegt auch die Bildhauerei von Berthold Grzywatz. Material, Körper und Farbe werden kontrast- und variantenreich eingesetzt, leben von den Spannungen und Dissonanzen der räumlichen Anordnungen und Oberflächen. Die Materialästhetik nutzt die Freiheit der Form, das Verschmelzen von Ausdruck und Figur im Raum – immer in dem Drang Erklärungen für unser Sein aufzuspüren.

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